6. CHINATIV Forum

Künstliche Intelligenz: Perspektiven und Perzeptionen in China und Deutschland

Künstliche Intelligenz (KI) findet sich in den unterschiedlichsten Anwendungsfeldern wieder und ist längst fester Bestandteil von zahlreichen Geschäftsmodellen weltweit. Während dem Thema in Deutschland häufig noch Skepsis entgegengebracht wird, zeigt ein Blick nach China, welch enorme Relevanz KI einnimmt. Eines der großen politischen Ziele der Volksrepublik China ist es, bis 2030 führende Kraft im Bereich KI zu werden – doch wie steht es wirklich um den Einsatz von KI? Was sind aktuelle Hindernisse und wo wird KI zukünftig eine noch präsentere Rolle einnehmen?

Die Hochschule für angewandtes Management (HAM) lud am 07.11.2019 zahlreiche Expert*innen und Interessierte zum 6. CHINATIV-Forum ein, um über das Thema KI in China und Deutschland zu diskutieren. Gemeinsam mit dem Präsidenten der HAM, Prof. Dr. Dr. Claudius Schikora, begrüßten Prof. Dr. Min TANG, Projektleitung, und Prof. Dr. Doris Gutting, Professorin für Internationales Management, die Gäste der Veranstaltung.

Zum Einstieg ging Experte Sebastian Wagner, AI Engineer appliedAI an der UnternehmerTUM GmbH, auf die Chancen und Einsatzmöglichkeiten von KI ein. So werden heute beispielsweise Nutzerdaten über KI-basierte Algorithmen verarbeitet, sodass User „hyper-individualisierbar“ angesprochen werden können. Als Berater von Start-ups und mittelständischen Unternehmen aus verschiedenen Branchen hilft Herr Wagner KI greifbar zu machen und in Unternehmensprozesse zu implementieren.

Im Anschluss präsentierte Rebecca Johnson, Research Group Head AI Platforms & Prototypes der Siemens AG, wie Siemens durch digitale und auf KI-basierte Technologien Prozesse aus der Industrie optimiert. KI kann mittlerweile Sinnesorgane von Menschen kopieren und optimiert anwenden. Der Einsatz einiger KI-Technologien ist in deutschen Applikationen allerdings nur beschränkt möglich. Oftmals sind es Datenschutzgründe, welche die Auswertung der gesammelten Daten lediglich anonymisiert zulassen und damit Potentiale von KI einschränken.

Zum Thema Künstliche Intelligenz und 3D-Computer-Vision für autonome Fahrzeuge referierte Prof. Dr. Daniel Cremers, Professor für Informatik und Mathematik an der TU München. Er erklärte zunächst, wie kamerabasierte 3D-Rekonstruktionen essentiell für die Entwicklung zukunftsfähiger Assistenzsysteme, autonome Drohnen und Roboter sind. Die Schwierigkeit dabei sei vor allem die Komplexität der Welt live und in Echtzeit abzubilden. Ein normales Bild einer Statue zum Beispiel kann für die KI bis zu 10^40 Millionen Möglichkeiten darstellen. Einen wesentlichen Unterschied zwischen Deutschland und China sieht Prof. Cremers insbesondere in der Akzeptanz von neuen Innovationen. Während man in Deutschland Innovation oft noch skeptisch sieht, empfängt China Innovationen in der Regel mit offenen Armen.

Zur chinesischen Perspektive berichtete Herr Chenchao LIU, Geschäftsführer von Silreal, welchen Stellenwert das Thema Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen in China hat. Als in Deutschland lebender Chinese zeigt Herr Liu genau auf, was beide Länder voneinander lernen können und auch sollten. Dabei erläuterte er, dass Unterschiede zwischen Chinesen und Deutschen vor allem in der Erziehung zu finden sind. Jungen Chinesen und Chinesinnen wird vermittelt, dass Daten der Wirtschaft dem Wohlstand und einem selbst dienen. In Deutschland werden Daten hingegen wesentlich skeptischer gesehen, weshalb viele Regularien im Sinne des Datenschutzes entstehen, die den Fortschritt hemmen.

Mit dem Eingangsstatement „No trust, no use“ eröffnete Marisa Tschopp, SCIP AG, Zürich und Ambassador Women in AI der Schweiz, die Podiumsdiskussion zum Thema „Vertrauen in KI?“. Sie forscht im Bereich Vertrauen in KI und stellte in ihrem Kurzvortrag Kernergebnisse der Studie vor. Dabei wurde deutlich, dass Deutsche besonders skeptisch gegenüber KI und neuen Technologien sind. Frau Tschopp ist der Meinung, dass Vertrauen durch die Schaffung von Skepsis bei Mitarbeiter*innen und der Gesellschaft gewonnen werden kann.

Abschließend bekamen die rund 80 Gäste die Möglichkeit, Fragen an die vier Expert*innen zu stellen und an einer interaktiven Diskussionsrunde teilzunehmen. Insbesondere das Thema „Vertrauen in KI“ wurde stark diskutiert. Aber auch Unterschiede von KI in Deutschland und China und welche KI-Anwendungen es in naher Zukunft geben wird, wurde angesprochen. Am Ende der Diskussion waren sich alle Experten*innen einig: Damit KI möglichst effizient wachsen kann, sind Daten notwendig und diese fehlen meistens. Die Lösung: es muss gelingen, dass China und Deutschland besser miteinander kommunizieren, aufeinander zugehen und gemeinsam Anwendungen und Einsatzmöglichkeiten von KI in unterschiedlichen Bereichen erarbeiten.

Mit dem gelungenen 6. CHINATIV Forum geht das erste CHINATIV-Jahr erfolgreich zu Ende. In diesem Jahr hat das CHINATIV Projekt sechs Foren und Events durchgeführt. Über 400 Teilnehmer*innen und 30 deutsche sowie chinesischen Expert*innen nahmen an den Veranstaltungen rund um das Thema Innovation in Deutschland und China teil. Im kommenden Jahr werden wir die CHINATIV-Veranstaltungen weiterhin in einem zweimonatigen Takt organisieren. Hauptthemen der Veranstaltungen sind dann: Business Innovation, Social Innovation und Green Innovation. Wir freuen uns, Sie auf unseren zukünftigen Veranstaltungen wieder begrüßen zu können!

Danke, Xiexie und bis zum nächsten Jahr!